Bad Cannstatt – Bad Berg – Bad Nepp

Petermanns Flaschenpost – Erörterungstermin 7. Planänderung – Teil 7

Flaschen_kleinAm 15.7. beginnt also tatsächlich die Erörterung der Stellungnahmen und Einwendungen gegen die Planänderungen zur Grundwassermanipulation. Es wurden weit über 10.000 Einwendungen gegen dieses Vorhaben eingelegt. Ohne die Planänderung können die Baugruben für den Sargbahnhof nicht ausgehoben werden. Derzeit haben wir also faktisch einen Baustopp der zentralen Planabschnitte im Talkessel der Stadt. Weil dieser Erörterungstermin so überaus wichtig ist, werden wir in dieser Rubrik nun täglich kurze Informationen verschiedener Autoren zu der Erörterung anbieten. MOBILISIERT EUCH!

Stuttgart hat 19 Mineralquellen, 13 davon sind als Heilquellen staatlich anerkannt. Bad Cannstatt und Bad Berg stehen für einen Naturschatz, der seit 250 Jahren der Bevölkerung, in Form von Brunnen und Bädern, zur Verfügung steht. Tradition und Qualität, also schwäbische Markenzeichen, sind auch hier ein wichtiger Faktor der wirtschaftlichen und touristischen Nutzung, und der Lebensqualität. Das wird nun aufs Spiel gesetzt, für einen unterirdischen Bahnhof, sollte er je gebaut werden, der sicher keine 100 Jahre überdauern wird.

Fremdes Wasser abzugraben, war entweder Kriegsgrund oder Kriegstaktik

Da Stuttgart bereit ist, sich selbst zu schädigen, muss man von Leichtsinn oder gar Dummheit ausgehen. Wenige Kilometer von den Heilquellen entfernt, soll massiv in die Deckschichten über dem Mineralwasser eingegriffen werden. Das damit verbundene Risiko ist den Bauherren sehr wohl bewusst, und ausschließen können sie es nicht. Sie haben nur Notmaßnahmen bereit, wie das massive Einleiten von gewöhnlichem Trinkwasser (aus der Bodenseeregion). Die staatliche Anerkennung wäre damit verloren – es bliebe noch „Bad Nepp“.

Trotzdem wurde 2005 eine Genehmigung erteilt, weil man den Bau des Sargbahnhofs als bedeutender für das Allgemeinwohl einstufte, als die vorhandenen Risiken.

Inzwischen reicht diese Baugenehmigung hinten und vorn nicht mehr aus. Der Eingriff in die Deckschichten soll noch ausgeweitet werden, noch mehr Bohrpfähle, die noch tiefer in die Deckschichten reichen. Dazu nun diese siebte Planänderung, um die Pumpmengen des Grundwassers zu verdoppeln. Das komplette Deckgebirge über dem Mineralwasser wird durch die Pumperei in Anspruch genommen.

Verdreckt, versiegt, verzockt

Es gibt bereits heute Verbindungen zwischen den einzelnen Deckschichten. Industrielle Schadstoffe im Grundwasser konnten sich bereits in einige Quellen einmischen, was zu deren Schließung führte. Die Wege, die das Wasser unterirdisch dabei zurücklegt, sind kaum zu ergründen. Nahezu unmöglich ist es, diese Wege sicher vorherzusagen. Fakt ist aber, dass durch das gigantische Umpumpen von 6,8 Milliarden Liter Wasser neue Wege im Untergrund entstehen werden, weil Gesteinsmaterial ausgespült und verlagert wird, weil sich die (Druck)Gefälle in den Wasserschichten (Trichterbildung) ändern werden. Solche Veränderungen sind unumkehrbar. Sie können zudem eine unvorhersehbare Eigendynamik entwickeln, die auch durch das Beenden der Pumperei nicht mehr zu stoppen wäre.

Es kann aber auch passieren, dass heute noch munter sprudelnde Quellen, einfach versiegen, weil das unter Druck stehende Mineralwasser an Schwachstellen im Deckgebirge aufsteigt, wie in einem Fahrstuhl. Die Möglichkeit, dass im Zentrum Stuttgarts eine imposante Fontäne zur Attraktion wird, ist bestimmt kein Ersatz für das Versiegen von Brunnen in Bad Cannstatt.

Wer geht baden – Du oder Stuttgart 21?

Das Mineralwasservorkommen und seine Gefährdung ist ein enorm wichtiger Punkt in der Erörterung. Denn eine sehr große Anzahl von Menschen wäre von negativen Veränderungen in ihren Nutzungsrechten betroffen.

In eigener Sache:

Wir freuen uns über angeregte Diskussionen und Kommentare, hier und im Parkschützer-Forum. Wir bemühen uns, alles zu lesen, und offene Fragen in dieser Artikel-Serie zu behandeln. Wir freuen uns auch, wenn sich weitere Autoren mit eigenen Beiträgen beteiligen möchten oder Hinweistexte für die weitere redaktionelle Bearbeitung geben.

Hintergrundinformationen zum Grundwassermanagement und zur Planänderung finden sich u.a. in diesen Artikeln und Seiten:

Artikel sww, Ausgetrocknet vor dem ersten Pumpversuch
Artikel sww, Bewohner des Kernerviertels fordern umfassende Risikenaufklärung
Artikel sww, Grundwasserthema bleibt ein großes Problem
Artikel geologie21, Stellungnahme des Landesamtes für Geologie
Internetauftritt, Klage von Rechtsanwalt Arne Maier gegen das Planänderungsverfahren

Petermanns Flaschenpost – Artikel der Serie

Teil 1 – Jetzt nicht nachlassen!
Teil 2 – Zum Zuschauer degradiert?
Teil 3 – Wasser geht uns alle an!
Teil 4 – Ordnung für 3 Tage – die Tagesordnung
Teil 5 – „Ich will das wissen …“
Teil 6 – Stuttgarter Untergrund