Nachruf von Walter Bubetz auf Magda Bubetz

Magda Bubetz
gestorben mit 95 Jahren, ( 05.03.1924 – 23.04. 2019), Stuttgart
Holzbildhauerin, Künstlerin, wisenschaftlicher Tierschutz, Gründungsmitglied der „Grünen“, Grand-Dame bei „Stuttgart 21″

eine Geschichte zur Wiedervereinigung
von ihrem Bruder Walter Bubetz (75)
aus der Händelstadt Halle (Saale), ehemalige DDR

1989 früh um 7 Uhr. „Die Polizei ist am Apparat!“‚ sagt Elke. „Sollst zum Präsidium am Markt kommen! „ Parkverbot übersehen ? Oder sonst was, was mir nicht einfällt ? Muß das Kind (7) noch in die Schule bringen. Nehme es mit . Kein Mensch weiter im Korridor vor der Polizeitür. Kind macht „Himmelhuppe“ auf den Schachbodenfliesen.
Sitze dann plötzlich vor Oberwachtmeisterin Fischer am Tisch „Sie hatten doch zum 65. Geburtstag ihrer Schwester in der BRD einen Besuchsantrag gestellt ? -„Ja „ antworte ich. „Seit ihrem 60. Aber der ist 3 mal abgelehnt worden.“ „ Wie lange möchten Sie denn fahren ?“ Eine Gesichtslähmung überfällt mich. „Ja, Sie haben Glück! Ihre Schwester in Stuttgart hat direkt an den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker geschrieben und der hat das genehmigt l” — Peng! Ich war weder in irgendeiner Partei oder Staatsnähe. Noch in irgendeiner Beziehung zur Staatssicherheit- Ein einfacher freiberuflicher autarker Künstler, der u-a. Modelle für Carl ZEISS, Jena baute. Halluziniert stotterte ich : „ Na so vielleicht 3 Wochen? Oder was meinen Sie ?“
– „Dann schreibe ich also rein, ab nächste Woche für 3 Wochen I“ – Rumms!
Keiner im Westen kann sich vorstellen, was das bedeutete.
Unser gemeinsamer Vater hatte 4 noch lebende Kinder. Alle im ehemaligen deutschen Oberschlesien in Bielitz geboren. Allerdings mit 20 Jahren Abstand nach geschiedener Erstehe.
Dann tobte der 2. Weltkrieg. Nach Frontdurchmarsch wurde der Vater in einem Lager umgebracht. Magda mit Studienfreundlin schlägt sich abenteuerlich bis Stuttgart durch.
1946 mußte meine Mutter aus zweiter Ehe mit ihrem Säugling und mir als 2jährigem Kind an der Hand innerhalb einer viertel Stunde in einem Viehwagon raus aus der Heimat. Unterwegs wurden die Gestorbenen im Zug rausgerollt.
In Dresden teilte sich der Zug. Die vorn kamen in den Westen. Die anderen blieben in der später gegründeten DDR. Dazwischen erhob sich der „Eiserne Vorhang“. 40 Jahre lang. Keine persönlichen Kontakte.
Dann steht Bruder Walter 1989 am Kopfbahnhof in Stuttgart. Abends sitzen wir im Gartenlokal am Rhein in Bonn. Die Lichter blinken vom Gegenufer rüber. „Da sind doch alle, die mich beobachten ?“
Unvorstellbare Angst. Später: Parteitag der Grünen in der Weser—Ems Halle . Miterleben einer Gerichtsverhandlung in Sachen Tierschutz; irgendwo. Und überall so viele Eindrücke von dem Land,
das es auf unserer DDR-Karte nur als weißen Fleck gab. . .
Und bei Namensverwandten in München sehe ich den Fall der Mauer am 3. Oktober 1989 im Fernsehen! – Brachiale Wucht. Überwältigende Freude. Kein Tag konnte schöner sein.

Nun ist Magda Bubetz tot.
Der Fels in der Brandung ist still geworden. Niemand mehr, den ich noch fragen könnte zu dem was früher war. Eine tiefe Trauer. Die kleine tapfere Kämpferin für die Tiere. Für die Benachteiligten in der
Gesellschaft. Gegen die Arroganz der Mächtigen. Gegen Krieg und Rüstungswahnsinn. Gegen alles was sich an der Natur und gedeihlichem Füreinander vergeht.
Vor einer erloschenen Stimme aus einfachem guten Herzen und so vielseitiger Klugheit verbeugen wir uns.

Danke Dir wunderbaren Schwester
Walter Bubetz


Dieser Brief erreichte mich Sonntag Abend
Ich möchte hier aber dem letzten Absatz einen Link zur  Website wissenschaftlicher-tierschutz.de hinzufügen die Magda Bubetz selbst veröffentlicht hat. Die Stimme mag erloschen sein aber ihre offenen Briefe im Einsatz für  Tiere und anderes hallen so noch weiter nach. 

( Alexander Schäfer auf schaeferweltweit.de )