Wird die S21-Barrierefreiheit verkauft?

(Gastbeitrag von Conny Single)

Der Dachverband Integratives Planen und Bauen (DIPB) hat übernommen, die Ausführungen der Deutschen Bahn in Sachen Barrierefreiheit bei Stuttgart 21 nicht nur kritisch unter die Lupe zu nehmen, sondern zu fordern. Warum nun eine Kooperationsvereinbarung mit der Bahn? Bekommt der DIPB dann mehr Auskünfte und Rechte? In der Tat: Das hat ein „Gschmäckle“!

Bei den zweimal jährlich stattfindenden Vollversammlungen berichtet der Vorstand des DIPB über die löblichen Forderungen der Arbeitskreise und den niederschmetternden Antworten der Bahn-Vertreter. Weiter geschieht nichts. Der Initiative Barriere-Frei gegen Stuttgart 21 ist das nicht genug!

Neubauprojekte, wie der Stuttgarter Bahnhof, sollten „eigentlich“ einen Vorzeigecharakter haben, doch leider wird es dazu nicht kommen. Sondergenehmigungen werden durch Sondergenehmigungen genehmigt. Bahneigene Richtlinien werden beim Komfort, der Sicherheit und erst Recht in Sachen Barrierefreiheit mißachtet.

Laut eigener Veröffentlichung spricht der DIPB in seiner Checkliste z.B. von einer Verkehrsflächenbreite von 1,50 m x 1,50 m, nicht zuletzt als Wendemöglichkeit für Rollstuhlfahrer.

Die Gefahrenzone soll man nicht betreten, dann bleiben für den Durchgangsverkehr vom und zum Aufzug im Kernbereich des S21-Bahnhofs – und nach Herstellung der bei der Planung „vergessenen“ Brandschutzbauten – lediglich 1,04 m Verkehrsweg (52 cm pro Gewegspur!) Dieser ist von der EBA noch nicht sonder-sonder-sondergenehmigt!.
Ein Bahnkunde mit Rollkoffer oder Kindern links und rechts nimmt eine Breite von mindestens 1 m in Anspruch, ein Rollifahrer benötigt 1,10 m und ein Blinder mit Langstock sogar 1,20 m.

Die Information, dass diese Engpässe im Stuttgarter Tiefbahnhof nicht genutzt werden, übernimmt der DIPB von der DB widerspruchslos.
Allerdings begegnen sich gerade dort, alle die „breiter“ unterwegs sind! z.B. mit Kofferkuli, Kinderwagen, mehreren Gepäckstücken, wie auch die auf Rollatoren oder Rollstühlen und auf die Aufzugs-Benutzung angewiesenen sind.

Und der DIPB lässt auch nichts dazu verlautbaren, dass die DB in der Personenstromanalyse vom Sommer 2012 nur mit 2 Zügen pro Bahnsteig rechnet. Achso, ja, das geht ihn nichts an, ebenso wenig, wie die Tunnels.

Laut Ministerium für Wirtschaft und Technologie ist Barrierefreiheit für 10% der Bevölkerung zwingend erforderlich, für 30-40% immer noch notwendig und bedeutet für 100% Komfort und ein Qualitätsmerkmal.
Barrierefreiheit kommt also allen zugute, denn wenn EIN Mensch am Fortkommen gehindert ist, sind es diejenigen, die an ihm vorbei müssen, ebenfalls.

Ohnehin muss man der Bahn und dem Bund auf die Finger schauen. Anton Hofreiter, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, wies auf eine Übereinkunft zwischen Bahn und Bund hin, kleinere Bahnhöfe pauschal als stufenfrei zu bewerten, auch wenn die Bahnsteige ausschließlich über Treppen zu erreichen sind.

Sven Hantel von DB Station&Service löste am 9.11.2012 Tumulte aus, als er mit der Aussage „Stuttgart 21 bringt für Behinderte deutliche Verbesserungen mit sich“ bei der Veranstaltung „Barrierefreiheit: Bahnhöfe dürfen kein Hindernis sein“ der Fraktion der Grünen im Landtag aufwartete.

„Für all die S21-Steuermilliarden lieber alle Bahnhöfe barrierefrei nachrüsten!“ fordert daher Conny Single von der Initiative-Barriere-Frei. Davon profitieren alle Bahnkunden und die – nicht zuletzt auch die Aufgrund der Alterspyramide ansteigende Anzahl von Behinderten.

Die große Frage bleibt: Warum lassen sich die Behindertenverbände abspeisen und von wem?

Conny Single
Initiative Barriere-Frei gegen S21
www.diskussion21.de

Ergänzung: Hintergrund PM der DB