Kürzlich erschien Nadia Menzes faszinierendes Cartoon-Buch „Zur Anatomie der Karikatur“ im Alibri Verlag. Die Autorin widmet es ihrem Mentor, großen Vorbild und Freund Martin Perscheid was mich dazu bringt genau diesen Aspekt hier nun etwas genauer zu beleuchten.
Nach Durchsicht des Buches kann ich mich auch nur dem Vorwort von Haznain Kazim anschließen: Man findet bei Nadja Menze wirklich vieles vom Stil und der Raffinesse des großen Vorbildes. Die Schärfe und die schonungslose, direkte Art, den Finger auf die Wunde zu legen, lässt sich klar wiedererkennen auch wenn hier noch Potential schlummert. Ebenso Faszinierend – in vielen kleinen Details der Cartoons kann sich ein Martin-Perscheid-Fan durchaus verlieren.
Man denkt – na, dieses Element sagt mir doch was… schaut nach und erkennt – klar, das ist doch hier schon mal vorgekommen. Dabei meine ich aber keine „Ideen“, die wiederverwendet oder kopiert werden – sowas hat Nadja Menze nicht nötig. Nein, es sind die Details, die unbedarften Betrachtern gar nicht auffallen: sei es eine Situation in der U-Bahn, die an einen alten Perscheid-Cartoon erinnert, die Anspielung auf christliche Wunder, die schöne Erinnerungen weckt, der jugendliche Rapper, der sich wiederfindet und Storys aus der Bibel aufgreift, der Stechschritt im Hintergrund, der schon bei Perscheid auftauchte, der allseits bekannte und täglich präsente Kriegstreiber, der auf ähnliche Weise ‚hops‘ genommen wird, die Altersvorsorge im Stil der Star-Trek-Finanzierung in einem Perscheid-Cartoon, der Umgang mit emotionalen Momenten bei Männern und Frauen, der Fisch am Heck eines Autos, die Glocke im Zusammenhang zügelloser Hingabe zu seinen Trieben, die schlaue Oma, die ihrem technikaffinen Enkel einen einschenkt, die durch die Blume ‚hops‘ genommene Querdenkerin, das kleine Schuhpaar unter der Soutane oder sei es auch nur die als Insider durchaus sehr bekannte und doch so unscheinbare Teppichfalte.
Kurz: Martin hat hier Talent erkannt, ausgegraben und durch Motivation zu einem Buch bewegt, das nun uns nun weiter bewegen kann. Man sieht als Fan von Martin Perscheid so viele schöne Dinge wieder (die ich hier aber nicht alle Spoilern will – kauft euch das Buch und findet sie selbst!), und Martin lebt in diesen Karikaturen auf wunderschöne Art weiter.
Die ‚Anatomie der Karikatur‘ ist aber nicht nur durch die Cartoons ein tolles Buch geworden, sondern auch durch die Texte, in denen uns diese besondere Art der Zeichnungen ein bisschen näher gebracht wird. Sie motivieren dazu, mal etwas genauer hinzuschauen und nicht nur den kurzen Lacher zu suchen oder beim ersten Schock einer Karikatur schon abzuwinken, sondern einen Schritt zurückzutreten und noch einmal nachzudenken.
Ganz so, wie man auch über wunderschöne Kleinigkeiten nachdenken kann und die dazu führen einen großen Geist über manchem neuen Werk schweben zu sehen – wenn man denn möchte…
Das Buch findet ihr beim Alibri-Verlag (Link)
( Alexander Schäfer auf schaeferweltweit.de )