Der Kaiser ist nackt, splitterfasernackt und S21 ist mausetot. So könnte die Handlung der mit großer Spannung bevorstehenden Uraufführung in Stuttgart zusammen gefasst werden.
Stuttgart: Die lange mit Hochspannung erwartete Premiere der Adaptation von Hans Christian Andersens „Des Kaisers neue Kleider“ steht kurz vor der Aufführung. Gemessen am betriebenen Aufwand dürfte sie alles bisher in der Theaterwelt Dagewesene weit in den Schatten stellen. Aus Kreisen der Produzenten wird berichtet, man wolle in der Theaterwelt neue Maßstäbe setzen. Ein kultureller Paukenschlag soll es werden. Nie sei für eine Inszenierung ein so gewaltiger wirtschaftlicher und dramaturgischer Aufwand betrieben worden. Gegen große Widerstände von Bedenkenträgern und Zweiflern hatte sich ein Viergestirn prominenter schwäbischer Köpfe vor langer Zeit eine zeitgemäße Adaptation in Gestalt eines einzigartigen Schwabenstreichs ausgedacht. Eine außergewöhnlich große Zahl von Darstellern aus Rechthabern und Fortschrittsgläubigen, Speichelleckern und Opportunisten, Steigbügelhaltern und Lobbyisten, Parteigängern und Projektgläubigen, Stimmschafen und Projektfetischisten – sprich Schleppenträgern – fand sich in einem einzigartigen Ensemble zusammen und steuert nunmehr auf den ganz großen Tag hin. Das „bestgeplante und bestgeprobte Stück aller Zeiten“ so Intendant Rüdiger Grube, stehe kurz vor seiner Uraufführung. Der Lacherfolg beim Publikum – so wird verheißen – gelte schon jetzt als ausgemacht und werde nicht auszumalen sein. An der Inszenierung beteiligte Personen kolportieren, es sei niemals zuvor gelungen, die äußere und innere Handlung eines Stücks so kunstvoll, gelungen und wirklichkeitstreu zu verschränken. Man habe hinein gegriffen ins volle Menschenleben der Bürger der Stadt Stuttgart und biete in bunten Bildern wenig Klarheit, viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit.
Das Timing des Hobby-Regisseurs Dr. Volker Kefer mit seinem jüngstem „Brandbrief“ als Initialzündung für ein virales Marketing scheint klug gewählt und hat die Ticketvorverkäufe durch die Decke gehen lassen. Es wird berichtet, Intendant Rüdiger Grube, wirtschaftlich verantwortlich für den Erfolg des Theaterprojekts, wollte gern die Menge sehen, wenn sich der Strom nach den Ticketschaltern drängt. Regisseur Dr. Volker Kefer wird im Vorfeld der Uraufführung in den Feuilletons gewohnt großsprecherisch in Anlehnung an Goethes Faust zitiert: „Ihr wisst, auf unsern deutschen Bühnen probiert ein jeder, was er mag; drum schonet mir an diesem Tag Prospekte nicht und nicht Maschinen. Die Sterne dürfet ihr verschwenden; an Wasser, Feuer, Felsenwänden, an Tier und Vögeln fehlt es nicht. So schreitet in dem engen Bretterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus, und wandelt mit bedächt’ger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle.“
Es wird berichtet, Ex Ministerpräsident Erwin Teufel werde die Premierenfeier ausrichten. Wenn die verdienten Ideengeber der Produktion, die Herren Heinz Dürr, Matthias Wissmann, und Manfred Rommel am Premierenabend im Blitzlichtgewitter über den roten Teppich schreiten, um auf den erwarteten grandiosen Publikumserfolg anzustoßen, wird erwartet, dass einige andere um dieses Stück hochverdiente Herrschaften ihnen folgen werden: Claus Schmiedel, Wolfgang Drechsler, Stefan Mappus und Tanja Gönner und nicht zuletzt Wolfgang Schuster – um nur einige wenige zu nennen – sollen angeblich unter den Ehrengästen sein. So viel ist durchgesickert: Sie werden allesamt – dem Inhalt des Stücks gebührlich angemessen – ihre schönste Abendrobe tragen und ebenso wie alle übrigen Darsteller im Adamskostüm erscheinen. Befürchtungen, sie könnten sich dabei erkälten dürften unbegründet sein: Eingeweihte Reporter der BILD zerstreuen im Vorfeld solche Befürchtungen und versichern glaubhaft, der Teufel habe gut vorgesorgt und höllisch gut eingeheizt. Unkenrufen weniger Premierenkritiker zum Trotz, sieht Oberstaatsanwalt Häußler diese Nacktperformance als von der Freiheit der Kunst gedeckt. Gerüchte, Dr. Volker Kefer wolle jetzt ganz ins Theatergeschäft wechseln und arbeite zur Zeit an einem Stück mit dem Titel „Die Verwandlung“, wollte Pressesprecher Dietrich weder bestätigen noch dementieren.
Die Premiere findet am 12.12.2012 statt.
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( TD für schaeferweltweit.de )