Eine Kurzzusammenfassung Ereignisse während der Erörterung im Apollotheater in Stuttgart mit einem großen Dank an Parkschützerin 11702 welche die Möglichkeit hatte vor Ort zu sein.
Leider werden bei solchen Erörterungsverfahren keine vertrauenswürdigen Live-Übertragungen zugelassen, so das man auf die irgendwann freigegebenen offiziellen Protokolle angewiesen ist. Wieso diese Verfahren derart Intransparent durchgeführt werden, vor allem unter einer Regierung die sich die Transparenz und die Bürgerbeteiligung groß und breit auf die Fahne schreibt, erschließt sich mir allerdings nicht. Auch die „offizielle“ Begründung des Schutzes der Einwender ist mehr als Lachhaft wenn gleichzeitig alle Daten dieser Menschen der DB Freihaus geliefert werden. Ebenso wäre es sehr leicht möglich die Einwender durch beispielsweise Nummerierung zu anonymisieren – wenn man den Transparenz im Verfahren wünschen würde. (Ein sauberer neutraler Audiomitschnitt eines vertrauenswürdigen Mediums wäre dann ein einfaches, so kann den irgendwann erstellten Protokollen glauben wer will – oder eben nicht.)
„Das Regierungspräsidium Stuttgart als die Erörterung durchführende Behörde, war der Ansicht, daß zwar in der Sache noch keine Entscheidungsreife gegeben sei, aber sehr wohl eine sogenannte Erörterungsreife. Die Veranstaltung könne durchgeführt werden, obwohl wichtige Gutachten der Fachbehörden noch fehlen. Die Einwender hätten keinen Anspruch darauf, diese Fachgutachten zu kennen. Die Erörterungsverhandlung diene der Sachaufklärungspflicht und sei ein Zeichen dafür, daß die Betroffenen frühzeitig einbezogen würden.
Die anwesenden Einwender waren aus verschiedenen Gründen mit Zeitpunkt und Art der Durchführung der Veranstaltung nicht einverstanden. Moniert wurde unter anderem, daß das Verfahren vorzeitig durchgeführt werde; daß die bisherige ‚bahnfreundliche’ Genehmigungspraxis keine faire Verhandlung erwarten lasse; daß der PFA1.2, obwohl sachlich geboten, nicht Gegenstand der Erörterung sei; daß die 7.Planänderung zu einem Zeitpunkt ausgelegt worden sei, als die 5.Planänderung noch nicht vollständig genehmigt war und daß keine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden habe. Beanstandet wuden auch ‚bürgerunfreundliche’ Unterlagen zur Vorbereitung, Unterlagen in mangelhafter Qualität, zum Teil widersprüchlich und nicht plausibel, ferner eine Irreführung der Öffentlichkeit durch Vertreter der Bahn, was zu mangelndem Vertrauen führe.
Die Einwender forderten eine Neuansetzung des Verfahrens, wenn alle Gutachten vor lägen bzw, so ein weitgehender Antrag, wenn alle Planungen entscheidungsreif seien. Der Veranstaltungsleiter war nicht willens, die Erörterung aus diesen Gründen zu vertagen oder abzusagen. Von Seiten der Bahn wurde darauf hingewiesen, daß man Planänderungen nicht aufgrund von Fehlplanungen, sondern aufgrund von neuen Erkenntnissen vornehme. Allerdings, so argumentierte ein Einwender, seien neue Erkenntnisse über Mineralwasserströme bisher vom Vorhabenträger (Bahn) ausgeblendet worden (schwäbischer Vulkan, gelöste Gase, Geysir Esslingen), was weitreichende Konsequenzen für die Heilwasserschutzzonen habe. Alle bisherigen Entscheidungen zum Grundwassermanagement (GWM) seien deshalb fehlerhaft.
Mehrere Teilnehmer forderten vehement die Anwesenheit der Fachbehörden, dabei erfuhr man, daß UM Untersteller diese angewiesen habe, sich vor Ende Juli nicht zur Sache zu äußern. Das führte bei vielen Teilnehmern zu dem Eindruck, die Erörterung sei eine Alibiveranstaltung und die Bürger würden nicht ernst genommen. Der Verhandlungsleiter hingegen vertrat die Sichtweise, die Veranstaltung sei dazu da, die Einwendungen der Bürger zu diskutieren, und diese Gelegenheit solle man sachlich und höflich nutzen.
Die Fachvorträge der Mitarbeiter, die im Auftrag der Vorhabenträgerin anwesend waren, erforderten einiges an Vorkenntnissen. Fachbegriffe wurden nicht durchgehend erläutert, Schaubilder blieben für Laien unverständlich, Legenden nicht immer lesbar. Glücklicherweise konnten die Experten des BUND die Schwachstellen der Präsentation identifizieren und, wenn es die Reihenfolge der Wortmeldungen erlaubte, einhaken. Erhellend war zum Beispiel die Diskussion zum angeblich einzigen ‚Langzeitpumpversuch’ (Dauer 5 Tage), bei dem untersucht werden sollte, ob die Auswirkung des Abpumpens auf die Schüttung der Berger Mineralquellen dem errechneten Modell nahe kommt. Es sei in Stuttgart extrem schwierig, eine Genehmigung für einen Pumpversuch im Oberen Muschelkalk zu bekommen. Deshalb, so der vortragende Experte, habe man es bei diesem einen fünftägigen Pumpversuch belassen. Die Frage, wie dann ein 7-10 Jahre dauernder Pumpversuch scheinbar viel einfacher genehmigt werden kann, stand im Raum und wurde nicht befriedigend beantwortet. Unbefriedigend war für die Einwender auch der Hinweis, Unregelmäßigkeiten beim Wiederanstieg der Quellschüttung hätten nichts mit dem Pumpversuch zu tun. So lobenswert es ist, die vermeintlichen Schwachstellen in der hydraulischen Dichtigkeit der Grundgipsschicht durch den Pumpversuch herausfinden zu wollen, so enttäuschend war es, daß die besorgten Bürger eben nicht erschöpfend über die Schwierigkeiten des Abpumpens informiert wurden. Auch eine Karte mit eingezeichneten Dolinen forderte ein Einwender bislang vergebens.
Wie aus vielen Wortbeiträgen zu entnehmen war, ist die Sorge um das Mineralwasser für viele Einwender zentral. Der für das Grundwassermanagement und dazugehörige Modellrechnungen zuständige Mitarbeiter der Vorhabenträgerin (Bahn) hat im Laufe der Diskussion zugegeben, daß ein Mineralwasseraufstieg stattfinden wird. Das sei ein völlig normaler, physikalischer Vorgang. Die Beeinflussung der Quellschüttung sei aber kleiner als 2%, das sei im Vergleich zu den ‚normalen’ Quellschüttungsschwankungen, die angeblich 20-30% betragen können, minimal. Nachprüfbar war das leider nicht, und so verfestigte sich bei vielen kritischen Zuhörern die Befürchtung, daß das Stuttgarter Mineralwasser tatsächlich aufs Spiel gesetzt wird.
Durch den Abbruch der Erörterungsverhandlung auf Wunsch der Bahn wegen inzwischen nachgewiesener Befangenheit des Verhandlungsleiters konnten viele weitere wichtige Punkte nicht mehr erörtert werden. Der Verhandlungsleiter des nächsten Erörterungstermins hat die Aufgabe, für verständliche und inhaltlich korrekte Präsentationen der Experten und für eine befriedigende Beantwortung aller sachgerechten Fragen der Einwender zu sorgen.“
( Alexander Schäfer auf schaeferweltweit.de )