Zum Zuschauer degradiert?

Petermanns Flaschenpost – Erörterungstermin 7. Planänderung – Teil 2

Flaschen_kleinAm 15.7. beginnt also tatsächlich die Erörterung der Stellungnahmen und Einwendungen gegen die Planänderungen zur Grundwassermanipulation. Es wurden weit über 10.000 Einwendungen gegen dieses Vorhaben eingelegt. Ohne die Planänderung können die Baugruben für den Sargbahnhof nicht ausgehoben werden. Derzeit haben wir also faktisch einen Baustopp der zentralen Planabschnitte im Talkessel der Stadt. Weil dieser Erörterungstermin so überaus wichtig ist, werden wir in dieser Rubrik nun täglich kurze Informationen verschiedener Autoren zu der Erörterung anbieten. MOBILISIERT EUCH!

Als Veranstaltungsort wurde das Apollotheater in Stuttgart Möhringen gewählt. Schon die Presseerklärungen von Regierungspräsidium und Bahn spielen unterschwellig mit der Ansicht, es handele sich um eine Präsentation, der man eben beiwohnen könne – oder auch nicht – oder nur phasenweise. Ein Theater, mit klassifizierten Rängen, erhabener Bühne, einem vorgegebenen Programm, mächtigen Regisseuren, und passiven Zuschauern.

Es geht nicht um Theater, sondern um Beteiligung

Der Erörterungstermin ist ein wesentlicher Bestandteil einer Planfeststellung. Aus Sicht der Betroffenen handelt es sich um die einzige Möglichkeit einer aktiven Bürgerbeteiligung. Und, im Gegensatz zu den Beteiligungsspielchen der Baden-Württembergischen Landesregierung, ist der Erörterungstermin samt seiner Ergebnisse rechtsverbindlich. Das Planfeststellungsverfahren ist ein gesetzliches Verwaltungsverfahren, der Planfeststellungsbeschluss ist ein Verwaltungsakt, der eben auch beklagt werden kann. Wer sich damit beschäftigen will, findet im Verwaltungsverfahrensgesetz die entsprechenden Paragrafen, oder ein paar weitere Erklärungen dazu im Internet, z.B. bei der aarhus-konvention.

Faktisch geht es darum, den Betroffenen bzw. den EinwenderInnen rechtliches Gehör in Form einer speziellen Anhörung zu verschaffen und eine Einigung über strittige Fragen zu erzielen. Das wurde bereits mit der Auslegung begonnen. Nun werden die Einsprüche, thematisch gruppiert, diskutiert und bewertet. Das muss umfassend geschehen, weil ansonsten eben die Einsprüche, nach ergangenem Feststellungsbeschluss, einklagbar werden. Trotzdem muss man sich darüber im Klaren sein, dass dieses Verfahren vordringlich die Durchsetzung der beabsichtigten Planung zum Ziel haben wird. Mit der Erörterung endet das Anhörungsverfahren, und damit auch unsere Einflussnahme (mal von möglichen Klagen abgesehen).

Rollentausch – es geht um uns und unser Wasser

Es stellt sich also gleich zu Beginn die Frage, ob der Veranstaltungsort überhaupt geeignet ist, rechtliches Gehör zu gewährleisten, eine aktive Beteiligung zu ermöglichen. Ein zu kleiner Raum, ungenügende Akustik, fehlende Technik, mangelhafte Arbeitsplätze, formale Abläufe, die eine Teilnahme von Betroffenen verhindern, sei es bei den Einlasskontrollen oder bei den Diskussionen – das alles können schon Gründe sein, die das Verfahren zu Beginn in seiner Gültigkeit erschüttern. Auch ein zeitlich zu enges Korsett kann dazu führen, dass drängende Themen ungenügend behandelt werden.

Es wird deutlich, wie bereits durch äußere Umstände und die Gestaltung der Räumlichkeiten Einfluss genommen wird, um zu einem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Mit Schlichtung, dem Bürgerforum ohne Bürger, dem Filderdialog und natürlich vorangegangenen Erörterungsterminen haben wir eigentlich schon viel Erfahrung, welche Stellschrauben im Interesse der Projektbetreiber genutzt werden, damit ihr Schauspiel gelingt.

Zu den formalen Gegebenheiten gehört auch die Tagesordnung. Sie soll einen geordneten Ablauf gewährleisten und gleichzeitig inhaltlich und fachlich umfassend die Gesamtheit der Einsprüche abbilden. Auch damit werden wir uns in den folgenden Artikeln näher befassen.

In eigener Sache:

Wir freuen uns über angeregte Diskussionen und Kommentare, hier und im Parkschützer-Forum. Wir bemühen uns, alles zu lesen, und offene Fragen in dieser Artikel-Serie zu behandeln. Wir freuen uns auch, wenn sich weitere Autoren mit eigenen Beiträgen beteiligen möchten oder Hinweistexte für die weitere redaktionelle Bearbeitung geben.

Hintergrundinformationen zum Grundwassermanagement und zur Planänderung finden sich u.a. in diesen Artikeln und Seiten:

Artikel sww, Ausgetrocknet vor dem ersten Pumpversuch
Artikel sww, Bewohner des Kernerviertels fordern umfassende Risikenaufklärung
Artikel sww, Grundwasserthema bleibt ein großes Problem
Artikel geologie21, Stellungnahme des Landesamtes für Geologie
Internetauftritt, Klage von Rechtsanwalt Arne Maier gegen das Planänderungsverfahren

Petermanns Flaschenpost – Artikel der Serie

Teil 1 – Jetzt nicht nachlassen!

17 Gedanken zu „Zum Zuschauer degradiert?“

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