Ordnung für 3 Tage – die Tagesordnung

Petermanns Flaschenpost – Erörterungstermin 7. Planänderung – Teil 4

Flaschen_kleinAm 15.7. beginnt also tatsächlich die Erörterung der Stellungnahmen und Einwendungen gegen die Planänderungen zur Grundwassermanipulation. Es wurden weit über 10.000 Einwendungen gegen dieses Vorhaben eingelegt. Ohne die Planänderung können die Baugruben für den Sargbahnhof nicht ausgehoben werden. Derzeit haben wir also faktisch einen Baustopp der zentralen Planabschnitte im Talkessel der Stadt. Weil dieser Erörterungstermin so überaus wichtig ist, werden wir in dieser Rubrik nun täglich kurze Informationen verschiedener Autoren zu der Erörterung anbieten. MOBILISIERT EUCH!

In der öffentlichen Bekanntmachung des Regierungspräsidiums ist auch die Tagesordnung für die Erörterung enthalten. Es fehlt auch nicht der wichtige Hinweis, dass Änderungen möglich sind. Eine Tagesordnung kann ein Machtinstrument sein, um einer Versammlung ein bestimmtes Konzept aufzuzwingen. Sie kann genutzt werden, wichtige Dinge ans Ende zu verschieben, und dabei die Ermüdung und ein nachlassendes Interesse der Teilnehmer einzukalkulieren.

Die Tagesordnung als Resultat

Wir wollen natürlich niemandem böse Absichten unterstellen. Grundsätzlich spiegelt die Tagesordnung den Umfang der Einwendungen wider. Die einzelnen Themen eines einzigen Einspruchs werden in Listen aller Einsprüche zusammengeführt. Das ist insoweit auch zulässig, denn man kann kein Thema ernsthaft erörtern, wenn man jeden Einwender einzeln aufrufen würde und ständig hin und her springen müsste. Und gerade in Großverfahren wie diesem dürften sehr viele Einwände ähnlich oder gleich sein.

Jeder zusammengefasste Einwand erhält allein durch die Anzahl der EinwenderInnen ein besonderes Gewicht. Daneben spielt auch die Bedeutung eines Einwandes für das beantragte Vorhaben eine wichtige Rolle. Die Bahn als Antragstellerin hat sich nun gut vorbereitet und meint alle aufgeworfenen Fragen beantworten oder Lösungen anbieten zu können. Die Genehmigungsbehörde, also das EBA, hat diese Positionen der Bahn geprüft und für so ausreichend befunden, darüber nun mit den EinwenderInnen diskutieren zu können. Dieser Einschätzung hat sich das Regierungspräsidium als Anhörungsbehörde angeschlossen.

Der Verhandlungsleiter

Entsprechend der Tagesordnung werden Vertreter der Bahn ihre Konzeption vorstellen. Die EinwenderInnen können prüfen, ob sie sich damit zu frieden geben, oder weiter nachbohren. Dem Verhandlungsleiter kommt dabei eine wichtige Aufgabe zu, denn er muss sich neutral verhalten. Er muss versuchen, die Tagesordnung abzuarbeiten und Einigkeit über Streitfragen herstellen. Das optimale Ergebnis für die Bahn wäre, dass alle Einwände weggegeißlert werden. Als Projektgegner wäre es optimal, kritische Punkte so herauszuarbeiten, dass eine Genehmigung unmöglich wird. Dazwischen ist natürlich noch viel Platz. Der Termin kann mit offenen Fragen enden, oder es können zu bestimmten Punkten Auflagen für eine mögliche Genehmigung beantragt werden.. Das Protokoll der Veranstaltung ist dann eine Grundlage für die Genehmigungsbehörde, einen Planfeststellungsbeschluss auszuarbeiten.

Der Verhandlungsleiter beschließt auch, wann ein Thema abgearbeitet ist, entweder aus seiner Kenntnis der Einwände, oder weil sich die Wortmeldungen wiederholen. Da muss man sehr genau aufpassen, denn Schluss heißt dann wirklich, dass keine Wortbeiträge mehr zu dem Tagesordnungspunkt geduldet werden. Die wichtige Rolle der Verhandlungsleitung liegt auf der Hand. Sie ist daher auch möglichen Befangenheitsanträgen ausgesetzt.

Anfang …

Es ist wie bei der Wurst – ranzig wird sie an den Enden. Schauen wir also, wie die Tagesordnung aussieht. Neben der Begrüßung steht lapidar: „Formalien“. Bereits da verbirgt sich ein wichtiger Stolperstein. Es geht um die formalen Gegebenheiten der Veranstaltung. Es könnte also gleich zu Beginn zu Anträgen kommen, den Termin abzusagen oder zu verschieben, weil der Ort und die Ausstattung ungeeignet sind, weil notwendige Unterlagen nicht bereitstehen, wegen grundsätzlicher Befangenheit von Personen, wegen der Tagesordnung, oder weil eben noch nicht alle EinwenderInnen Einlass bekommen konnten.

Anschließend folgen die „Verfahrensrechtlichen Fragen“. Darunter werden Einwände zusammengefasst, die grundsätzlich das Antragsverfahren in Frage stellen. Damit können z.B. fehlende Daten oder Gutachten bei der Auslegung gemeint sein. Auch die kritische Parallelität von Planänderungen im gleichen Abschnitt mit gleichartigen Fachproblemen gehört dazu. Oder der Ausschluss des Fildertunnels, obwohl auch dieser Planabschnitt vom GWM betroffen ist. Es könnte auch um den Ausschluss von Einwendungen gehen, die von der Anhörungsbehörde als sachfremd beurteilt wurden, und deshalb nicht in der Tagesordnung enthalten sind. Man sieht – spannend ist es schon zu Beginn.

… und Schluss

Kritisch ist auch das Ende. Dort sollen im letzten Punkt „Sonstiges (Planrechtfertigung, Finanzierung u. a.)“ behandelt werden. Eigentlich sind das jedoch Punkte, die aus unserer Sicht zum Abbruch der Planänderung führen müssten, da es keine Planrechtfertigung mehr gibt und die Finanzierung nicht gewährleistet ist. Man könnte sich den ganzen Aufwand also sparen – aber den Gefallen tun wir den Projektbetreibern auch nicht!

In eigener Sache:

Wir freuen uns über angeregte Diskussionen und Kommentare, hier und im Parkschützer-Forum. Wir bemühen uns, alles zu lesen, und offene Fragen in dieser Artikel-Serie zu behandeln. Wir freuen uns auch, wenn sich weitere Autoren mit eigenen Beiträgen beteiligen möchten oder Hinweistexte für die weitere redaktionelle Bearbeitung geben.

Hintergrundinformationen zum Grundwassermanagement und zur Planänderung finden sich u.a. in diesen Artikeln und Seiten:

Artikel sww, Ausgetrocknet vor dem ersten Pumpversuch
Artikel sww, Bewohner des Kernerviertels fordern umfassende Risikenaufklärung
Artikel sww, Grundwasserthema bleibt ein großes Problem
Artikel geologie21, Stellungnahme des Landesamtes für Geologie
Internetauftritt, Klage von Rechtsanwalt Arne Maier gegen das Planänderungsverfahren

Petermanns Flaschenpost – Artikel der Serie

Teil 1 – Jetzt nicht nachlassen!
Teil 2 – Zum Zuschauer degradiert?
Teil 3 – Wasser geht uns alle an!

19 Gedanken zu „Ordnung für 3 Tage – die Tagesordnung“

  1. Lieber Lob, Lieber Petermann, Lieber Kohlenjockel,
    so ganz durchschaue ich Eure Struktur nicht, deshalb diese Anrede.
    Weshalb ich aber schreibe, ist Folgendes: Ich habe damals auch eine Einwendung gemacht (handgeschriebener postalischer Brief, allerdings kein Einschreiben), bezog sich aufs GWM, mein Hauptargument als Auswärtige waren die Finanzen, die am Ende alle Steuerzahler, also auch ich, aufbringen müssen.
    Meine Frage an Euch: Ich hätte die Zeit, könnte schon am Sa/So in Stuttgart sein. Ist es sinnvoll und hilfreich anzureisen und versuchen teilzunehmen?
    Wenn ja, wie müßte ich mich vorbereiten?
    Wenn es sinnvoll ist schreibt mir unter walloch-Carla@web.de
    Herzlichst
    Carla

    1. Hallo

      Nur kurz zur Strukturellen Frage – Es gibt zum Glück Autoren die mir in komplexen Fachlichen Themen helfen. Viele schicken Ihre Texte per Mail zu andere helfen direkt und aktiver als Gastautoren hier mit.

      Deine Antworten werden daher bald kommen – vielen Dank für die Nachfrage und natürlich auch Allgemein den Einsatz!

    2. Hallo Carla, die Entscheidung, ob und aus welcher Entfernung und mit welchem Aufwand, Du anreist, kann ich Dir nicht abnehmen. Aber:

      Der Erörterungstermin blockiert derzeit sämtliche, wichtigen Baumaßnahmen. Der Ausgang des Erörterungstermins wird einen wesentlichen Einfluss auf die Baustellen haben. Der erste Tag ist der Wichtigste, gleich am Anfang.

      Mit Deiner Einwendung bist Du zur Teilnahme berechtigt. Du kannst an allen Diskussionen teilnehmen, aktiv oder passiv, wie es Dir erforderlich erscheint. Wenn Du unsicher bist, ob Deine Einwendung rechtzeitig eingegangen ist, also eine Teilnahme deshalb verweigert werden könnte, und Deine Anreise einen hohen Aufwand darstellt -> ruf beim Regierungspräsidium Stuttgart an, und frage nach!

      Es wird sich aber bestimmt auch jemand finden, der Dich mit in die Veranstaltung hinein nimmt, als persönlicher Sachbeistand. Damit können auch Leute rein, die keine gültigen Einwendungen eingelegt haben.

      Zur Vorbereitung: Nimm Dir die Tagesordnung, schreibe Dir Dinge auf, die bei Dir eine „Betroffenheit“ durch die Risiken der Planänderung auslösen, und ordne diese Punkte den TOPs zu. Dann hast Du ein Gerüst, wo Du Deine Argumente anbringen kannst. Hinweise zu Argumenten … die dürften in dieser Serie reichlich vorkommen 😉

      Oben Bleiben!

      1. Vielen Dank, Petermann für die Tipps.
        Was die Argumentationshilfe durch die Serie anbetrifft, da hast Du fürwahr recht. Danke dafür.
        Dann werde ich mir also den Montag vornehmen.
        Carla

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