Kommentar zur 200. Montagsdemo

Samstagsdemo am 09.10.2010
Samstagsdemo am 09.10.2010

Glaubt man der meist verbreiteten Rechnung dann treffen sich die bewegten Bürger gegen Stuttgart 21 am Montag zum 200.sten mal. Aber selbst bei dieser Frage gibt es unterschiedliche Meinungen! Mancher rechnet dass es die 199. ist, andere rechnen dass es die 201. sein wird. Tatsache ist zwar das seit dem 26.10.2009, der ersten Montagsdemonstration (vor dem Nordflügel des Stuttgarter HBF),  215 Montage vergangen sind, aber auch das bringt in der (eigentlich nicht wirklich wichtigen) Frage nicht weiter. Meinungen sind wichtig! Sich mit den Unterschiedlichen Sichtweisen zu beschäftigen hilft sich selbst ein Bild zu machen. Was sonst bleibt wenn man sich dafür keinen Raum und Zeit lässt, ist einfach Behauptungen zu glauben ohne darüber nachzudenken.

©2013 Alexander Schäfer - Panorama Montagsdemo
©2013 Alexander Schäfer – Panorama Montagsdemo

Stuttgart 21 war schon immer eine „Frage des Glaubens“ – nicht im kirchlichen Sinn, selbst wenn so mancher Politiker in der Geschichte des Protests dies segnender Weise gewünscht hat, den es ging immer eigentlich darum „glaubt man der Bahn“ oder „glaubt man anderen warnenden Stimmen und Fachleuten“. Auch Zahlen waren oft eine solche Frage – glaubt man nun den Veranstalter-Zahlen oder den Polizei-Zahlen – glaubt man nun der Plakatierten Meinung oder den Gegnern bei der Volksabstimmung – glaubt man den „Baumpaten“ oder der PR-Show – glaubt man den Betroffenen oder den Behauptungen der Öffentlichen Aussagen zu Verletzten usw.

Siehe Ausschnitt Vergrößerung rechts oben das rote Rechteck
Siehe Ausschnitt Vergrößerung rechts oben das rote Rechteck

Neben den Zahlen war aber auch eine andere Frage immer wieder heiß diskutiert und pünktlich zur 200. Demo taucht sie auch wieder auf – Wo sollte die Montagsdemo stattfinden? Sie wurde und wird immer wieder intensiv in der Bewegung selbst gestellt aber dieses mal stellt sie der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer gegenüber der StN. Er behauptet die Belastungen der Bevölkerung wären nicht mehr zumutbar. Dabei glaubt man dann den Behauptungen einer Bank welche ihre angeblich nicht mehr durchführbaren Veranstaltungen evtl. nur aus diesem Grund auf einen Montag Abend gelegt hat. Oder man glaubt der SSB welche als eine der Projektbefürworter wahrscheinlich genug andere Gründe hat, den Verkehr an einem Montagabend nicht besser zu regeln. (Es wurden z.B. schon Demos auf den Anzeigetafeln des SSB Netzes angezeigt – damit Verspätungen „erklärt“ und damit Stimmung gemacht obwohl es gar keine gab!)

img_2829Natürlich könnte man auch einfach Studien des Mobil in Deutschland e.V. im ersten und zweiten Quartal 2013 glauben. Dann würde man erkennen dass Stuttgart in der Tat ein großes Problem im Nahverkehr hat, ABER dies hat offensichtlich nichts mit Demonstrationen am Montag zu tun! Die Studie ist ein Armutszeugnis für die Stadtplaner in Stuttgart und auch für den Gemeinderat der die immer größer werdenden Baustellen in der Innenstadt zulässt, denn dort schneidet Stuttgart im Vergleich zu anderen Großstädten am schlechtesten ab:

Quartal 2

„STUTTGART – 30%: Die schlimmsten Stautage und Stauzeiten sind in Stuttgart der Dienstagmorgen und Donnerstagabend. Der Freitagmorgen dagegen ist in Stuttgart vergleichsweise stauarm. Fährt man während der Rush Hour, braucht man für die gleiche Strecke 36 Minuten (39 Min.) länger. Und auf‘s Jahr gerechnet muss ein Berufspendler, der einen 30-minütigen Anfahrtsweg hat, mit insgesamt 86 Stunden (90 Std.) Verzögerung rechnen. Ansonsten gibt es in Stuttgart eine leichte Verbesserung auf einem immer noch sehr schlechten Niveau. NOTE 5″

non commercial use - source and © TomTom International B.V.
non commercial use – source and © TomTom International B.V.

Lädt man sich den TomTom Bericht für Europa 2013 (PDF) herunter, zeigt sich im Wöchentlichen Stau Model sogar deutlich das gerade der Montag Abend eine der Stau ärmsten Zeiten ist!

Genauso kann man sich auch selbst ein Bild vor Ort machen – schaut man sich die Abende in der Stuttgarter Innenstadt an erkennt man sehr schnell das es Montag Abend nicht viel anders aussieht wie am Rest der Tage.

Einfacher das zu glauben was einem gefällt (so man sich z.B. eh gerne wegen den Demonstrationen aufregt, oder selbst ungern vor dem HBF demonstriert usw.) oder eben einfach gedankenlos alles zu glauben was so in den Medien steht. Ob sich dann aber deshalb etwas an dem eigentlichen Problem ändern wird?

Wird sich deshalb wirklich die Verkehrssituation ändern, nur weil eine wöchentliche Demonstration an die sich jeder normale Mensch nach 4 Jahren gewöhnt hat, nicht mehr dort stattfindet? Wird sich an den Argumenten der bewegten Bürger deshalb etwas ändern weil man sie aus den Augen verbannt? Man kann es auch mit einem anderen Vergleich versuchen -> Hat sich denn an den Inhalten und den Fakten die diese Demonstranten bewegt, die sie konsequent weiter transportiert, etwas geändert seit man in einer Volksabstimmung lediglich festgestellt hat wem die Menschen im Land lieber glauben wollen?

Archivbild 131. Montagsdemo
Archivbild 131. Montagsdemo
Symbolfoto
Symbolfoto

Interessant wird aber meiner Ansicht nach auch die Frage sein – lassen sich die bewegten Bürger in Stuttgart das wirklich gefallen? Bereits im Jahre 2010 versuchte die Politik die Demonstrationen zu verbannen und zu verstecken bis das Verwaltungsgerichtshof in Mannheim dem Spiel ein Ende setzte. Nun versucht man es erneut und es wird sich zeigen, ob die Bewegung in Stuttgart weiterhin sein Anliegen durchsetzt oder klein beigeben wird.

Oben Bleiben – auch am Montag!

( Alexander Schäfer auf schaeferweltweit.de )

EDIT 30.11.13 – siehe auch die Reaktion der Demoveranstalter auf BAA
EDIT 06.12.13 – siehe auch Montagsdemo weiterhin am HBF auf BAA
EDIT 14.12.13 – Missverständliche Passage zum TomTom Bericht Quartal 1 entfernt.

0 Gedanken zu „Kommentar zur 200. Montagsdemo“

  1. Örtlichkeit!!!
    NATÜRLICH kommt es auf den Ort an!!!
    Du würdest doch auch nicht gegen Nazi in Göttingen eine Demo in Stgt. machen.. oder ne Demo gegen die Banken machst du demnächst auf Sylt (dort sind viele Asoziale) und nicht in Frankfurt?
    Hä?
    Viele die gegen Bahnhof argumentieren reagieren mit Wohlfühl/gut-sein-wollen-Verhalten: ich höre da stark das Konservative „ein bisschen schwanger“ „Kinder darf man nicht hören und nicht sehen“ raus…
    Als Mensch und als Mutter erschreckt mich eine Welt, die dem Technik/dem Cybersystem Platz und Raum eingesteht, den Menschen aber immer mehr verdrängt (in Schulgefängnisse“ einsperrt!!)
    (Also liebe sog Christen erklärt mir warum Mensch weniger Daseins-recht hat als Auto, LKW, und die berühmte Stgt. Kehrwochenmaschine? Schaut Euch doch die stgt. Plätze an und seht mal wie menschenfeindlich sie sind, warum wohl?)
    Also ein Auto darf stauen, ein Auto darf meine Gesundheit gefährden, ein Auto darf mich am freien Bewegungsrecht hindern….. ICH nicht?
    Porsche darf in den Schlossinnenhof und die komplette Königstr. einen Tag lang dicht machen: ich nicht?
    Am Sitz der Zerstörer: manchmal wünsche ich mir spontanere Kundgebungen, wenn die Zerstörer im Rathaus, oder im Landtag tagen….
    doch oft ist da tote Hose wenn wir um 18 Uhr herum demonstrieren!!

    Die Demonstrationen SIND immer ein Einnehmen von unserem Raum/von öffentlichen Raum!

    UND wie selten zuvor geht es JETZT AUCH darum den Menschen/den Bürgern IHREN Raum zu gestatten, frei zu geben.es ging für mich nie nur um den Bahnhof, sondern immer auch um die seit Jahrzehnten fortschreitende schleichende Enteignung der Menschen.
    wenn der Weg nämlich so weitergeht MÜSSEN in ein paar Jahren wieder Bauern die Bastille erstürmen!! denn dann gehört dem Gemeinen nix mehr: weder Gedanken, noch Platz, noch Geld, noch Gebäude, noch Rechte!!! Wie schon im Mittelalter!

    Ich fühl mich einfach RICHTIGER, da wo Unrecht tagtäglich geschieht als das wo viele langweilige Laberrunden geschehen!
    am Bahnhof bin ich mit der MW verbunden, am Bahnhof kann ich meiner Lust zu wandeln viel besser nachkommen!
    Ich fühl mich auf dem Rathausplatz beengter, eingeschlossener, beobachteter, besser ein zu kesselnder!

    Argument: Händlerschreck: also da will ich Zahlen!!: meine Beobachtung: im gegenteil: an einem ansonsten eher blutleeren Montag kommen zuhauf die Menschen in die Stadt geströmt, führt zu einer Häufung an SSB-Nutzung (also Einnahmen) und viele gehen danach noch einkaufen, oder einen trinken (also auch hier Einnahmen!!)

    und auch viele Proler kommen extra in die Stadt um sich (Gaff-Geiler hab ich sie genannt) die Wutbürger, die Chaoten, die Undemokraten wie im Zoo anzusehen!! (lest mal die Kommentare einiger Proler, dann seht ihr das 😉 TouristMagnet der letzte Demonstrant (in Restdeutschland beklagt man sich über den lethargischen Deutschen!)

  2. Hoffentlich laßt Ihr Euch das nicht gefallen, Schairer kann ja sein Büro auf den Wasen verlegen, da stört ihn zur Zeit auch keiner. In einem Kinderhort wäre er mit seiner Auffassung auch gut aufgehoben, aber da würde er von den viel gescheiteren Kindern ausgelacht! Macht weiter so und für immer OBEN bleiben! Danke für Euren Einsatz, leider bin ich zu weit weg, so kann ich nur auf diesem Weg Solidarität zeigen.

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