Kann unrechtes Handeln rechtens und der Widerstand dagegen unrecht sein?

Heute, 643 Tage nach dem Schwarzen Donnerstag, beginnt in Stuttgart ein weiterer Prozess im Dunstkreis des 30.09.2010.

Natürlich richtet er sich wieder gegen Menschen die sich dafür eingesetzt haben das nicht ohne gültige Rechtsgrundlagen Sinnlos (erst dieser Tage zeigt sich wieder erneut das dort nie etwas genehmigtes gebaut wurde) gehandelt wird und unnötig Tatsachen geschaffen werden. Wie zufällig fällt dieser Prozess in eine Zeit in der selbst in den großen Medienanstalten gerade sehr an der Rechtmäßigkeit zweifeln. Nichts anderes ist es nämlich, wenn man von den aktuellen Lippenbekenntnissen der Projektsprecher das alles im Plan sei und keine Probleme bestehen absieht, wenn selbst für das Eisenbahnbundesamt (im folgenden EBA genannt) fraglich wird woher den die Berechtigung für die zu entnehmenden Wassermengen kommen soll.

Schon im Jahr 2010 war diese ganze, zugegeben schon damals sehr Komplexe rechtliche Lage, mehr als unklar. Damals setzten sich zb. diese drei jungen Leute die heute verurteilt werden sollen um einen Baum. Versuchten verzweifelt dadurch ein Zeichen zu setzen und aufmerksam zu machen.

Damals gab es sogar aktuelle Anweisungen des EBA welche der DB bekannt waren! Nach den Anweisungen sind diese ganzen Vorgänge zu nicht zulässig gewesen waren. Sie wurden aber ignoriert. Bis heute ist die Rechtslage dazu noch ungeklärt!

„Dokument lag den Empfängern DB Pojektbau GmbH, Regierungspräsidium Stuttgart und dem Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt Stuttgart am 30.9. gegen 18 Uhr vor“ Quelle

Siehe auch PM des BUND oder ein Stern Bericht zum Thema

Wie kann es sein das diese ganzen Hintergründe nicht geklärt werden bevor über Menschen geurteilt wird, die sich gegen diesen bis heute offensichtlich nicht genehmigten und daher ohne Rechtsgrundlage durchgeführten Vorgang damals eingesetzt haben?

Anlässlich dieser ganzen Thematik stellt auch noch Ende 2011 Dipl.-Ing. der Landespflege Jochen Schwarz bis heute nicht beantwortete berechtigte Frage (PDF incl. Nachweise):
Zitat
Das Amtsgericht Stuttgart ist nach einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart damit befasst, einen Strafbefehl zu ermöglichen, weil die StA Verstöße gegen das Naturschutz-/ Artenschutzrecht im Zusammenhang mit der Fällung von Bäumen im Stuttgarter Schlossgarten am 1.10.2010 festgestellt hat.

Betroffen sind ein verantwortlicher Projektabschnittsleiter, ein Projektingenieur und ein Beauftragter für Umweltschutz. Ich gehe davon aus, dass es sich um Mitarbeiter der Deutschen Bahn bzw. der Projektgesellschaft zum Bau von Stuttgart 21 handelt.

Angeblich sollen sie alle ein Gutachten zum Vorkommen des streng geschützten Juchtenkäfers zurückgehalten haben, um den Baufortschritt nicht zu gefährden. Dadurch sei dem Eisenbahnbundesamt ein Einschreiten nicht möglich gewesen.
Diese von der StA Stuttgart dargestellte Sachlage erweckt bei mir größte Bedenken, den aufgedeckten Fall mit einem einfachen Strafbefehl zu erledigen.

1. Es ist kaum vorstellbar, dass alle drei Mitarbeiter gleichzeitig ihrer Dienstpflicht nachlässig nachgekommen sind.

2. Es ist unwahrscheinlich, dass die drei Mitarbeiter wegen eines persönlichen Vorteils unsachgemäß gearbeitet haben. Es ist natürlich möglich, dass ihnen Vorteile von Dritten in Aussicht gestellt wurden. Es ist auch möglich, dass sie auf Verlangen von Dritten das Gutachten nicht weitergeleitet haben. Es kann also sein, dass weitere strafbare Handlungen in diesem Zusammenhang erfolgt sind.

3. Über den Bestand einer Population von Juchtenkäfern wurde in den Medien, auf Basis des erstellten Gutachtens, vielfach im August 2010 berichtet. Von einer Unkenntnis
darüber kann eigentlich bei keiner der zuständigen Behörden (Eisenbahnbundesamt (EBA), Regierungspräsidium, Umweltministerium) ausgegangen werden.

4. Der BUND versuchte Ende September 2010 die anstehenden Rodungsarbeiten gerichtlich zu verhindern, weil die im Planfeststellungsverfahren vorgeschriebene „Landschaftspflegerische Ausführungsplanung“ (LAP) noch nicht vorgelegt wurde. Einem Gerichtsbeschluss wurde durch die am 1.10.2010 durchgeführten Fällungen der
Gegenstand entzogen.

5. Es ist auch denkbar, dass die drei Mitarbeiter von der zeitlichen Umsetzung der Fällmaßnahmen überrascht worden sind bzw. dass die Fällung der Bäume für einen
späteren Zeitpunkt vorgesehen war, für den dann auch der fehlende LAP erstellt werden sollte.

6. Das EBA hat sich aber, trotz des angeblich nicht vorliegenden Gutachtens zum Juchtenkäfer, am 30.9.2010 für ein absolutes Fällverbot entschieden und dieses umgehend an die betreffenden Behörden weitergeleitet. Das Fällverbot war zunächst bis zum 8.10.2010 befristet. In dieser Frist sollte eine mit dem Regierungspräsidium abgestimmte Ausführungsplanung erarbeitet werden, wie sie auch vom BUND gefordert wurde. In diesem Schreiben wird das Gutachten zum Juchtenkäfer angeführt (als am heutigen Tage übermittelt). Es wird auch auf das Vorkommen geschützter Fledermäuse hingewiesen.

7. Presseberichten der folgenden Tage ist zu entnehmen, dass das Verbot des EBA die erforderlichen Stellen auch erreicht hat, und diese angeblich noch in der Nacht
fachlich angemessen gehandelt hätten (es ist jedoch schwer vorstellbar, wie ein LAP bis zum Fällen der Bäume erstellt worden sein soll).

8. Auch die Gegner der Baumfällungen informierten die Einsatzleitung der Polizei über das bestehende Verbot von Fällmaßnahmen, sogar live im Internet übertragen. Auch
den Presseberichten der folgenden Tage ist zu entnehmen, dass die Einsatzleitung informiert war, jedoch aus dem Regierungspräsidium die Auskunft erhielt, es könne gefällt werden.

9. Die Fällung der besonders alten Platane, um die es in dem Strafbefehl geht, war weder für das Grundwassermanagement noch für den in diesem Bereich geplanten Ersatzweg erforderlich. Dieser Baum stand zudem nicht auf der Fläche, die der Bahn für Baumaßnahmen zur Verfügung überlassen wurde. Der Baum befand sich also auf einer im Landesbesitz befindlichen Fläche. Evtl. ist er aus Unkenntnis wegen unklarer Kartengrundlagen gefällt worden, oder es wurde vor Ort eine Entscheidung getroffen, diesen Baum in die Fällmaßnahmen einzubeziehen.

10. Es kann sein, dass die betroffenen Mitarbeiter davon ausgegangen sind, dass von den im Gutachten genannten Populationsbäumen des Juchtenkäfers keiner durch die
geplanten Fällmaßnahmen betroffen wäre.

Zu diesen begründeten Fragen und Ungereimtheiten kommt noch ein wesentlicher Punkt hinzu, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Gegen die Rodung des Mittleren Schlossgartens hat sich ein breiter, in der Bevölkerung verwurzelter Widerstand entwickelt.

Die Bürger strömten geradezu am 30.9.2010 in den Schlossgarten, um gegen die Fällung der Bäume zu protestieren. Dies und die vielfachen Verletzungen, die bei dem Polizeieinsatz zur Durchsetzung der Fällung entstanden sind, lassen ein übergroßes öffentliches Interesse an der Aufklärung und der juristischen Aufarbeitung erwarten.
Zitatende

Update / Ergänzung: (Jochen Schwarz 05.07.12)

Zitat
In dem Zusammenhang möchte ich auf das erst im Winter letzten Jahres aufgetauchte Dokument hinweisen.
http://baumpaten-schlossgarten.de/files/EBA_20101005.pdf
Es ist der vollständige Bescheid des EBA vom 5.10.2010, der das erlassene Fällverbot konkretisiert.

Zum Drama des 30.9.2010 ergeben sich daraus weitere wichtige Details.
Danach hat das EBA um 9:25 Uhr, also rechtzeitig vor der Fällung und vor dem Polizeieinsatz, Kenntnis über das mögliche Vorkommen von Juchtenkäfern erlangt. Es wurden umgehend die zuständigen Umweltbehörden informiert. Und auf Basis dieser Kenntnis wurde, nach dem Fällverbot, nochmals die Fällung des Baumes in einer Besprechung von 18:30 bis 20:15 Uhr ausdrücklich verboten. Es erstaunt, dass diese Aufsichtsbehörde in einem Beschluss fünf Tage später zwar ein Zwangsgeld im Falle weiterer Fällungen androht, aber nicht die Handlungen gegen das ausgesprochene Verbot sanktioniert.

Noch mehr erstaunt es, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart nur geringe Verstöße erkennt und diese lediglich mit einem Strafbefehl gegen subalterne Mitarbeiter zu ahnden gedenkt.

Auf Seite 5 des o.a. Bescheides konkretisiert das EBA die Anforderungen an die Begutachtung bzgl. des Juchtenkäfers: „Zudem besteht Unklarheit, bei welchen Bäumen die Vorhabenträgerin das Fällen nun noch als erforderlich ansieht. Das Gutachten ist offenbar mit anderen Angaben hierzu erstellt worden, als in dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegt. Hinsichtlich der Beeinträchtigung lokaler Populationen ist das Gutachten widersprüchlich. Bei dieser Sachlage ist ein Umweltschaden zu besorgen.“

Auf diese Zusammenhänge wurden alle Behörden, Polizei und die Bahn am Mittag des 14.2.2012 hingewiesen.
http://baumpaten-schlossgarten.de/?seite=aktuelles&id=25
Es war absehbar, dass weitere Populationbäume vernichtet werden. Es war eindeutig, dass die gutachterliche Basis für die Rodung ungenügend ist.

Die verschleppte Aufklärung des 30.9.2010 hat im Endeffekt dazu geführt, dass der Umweltschaden irreversibel vergrößert wurde.

Zwei weitere Platanen, die als Habitatbäume angesehen werden müssen, sollen im Oktober diesen Jahres gefällt werden. Angeblich sind sie, nach Auffassung des Gutachters, nicht zur Besiedelung geeignet. Die treffsicheren Bewertungen dieses Herrn haben immer noch Gültigkeit.

Der eingebretterte Kefer-Zoo ist bis heute nicht planungsrechtlich als Schutzgebiet abgesichert. Der Schutzraum um die Bäume genügt nicht den fachlichen Anforderungen. Die geplanten Baustraßen werden direkt an den Bäumen entlang geführt. Wie die spätere Aufschüttung des Walls über dem Bahnhofstrog mit acht Meter Höhe realisiert werden soll, ohne diese Platanen zu schädigen, ist nicht vorstellbar.
Zitatende