Getreten, geprügelt, mit Giftgas bekämpft

IMG_9769Ein Erlebnis- bzw. Augenzeugen Bericht eines Teilnehmers der Blockupy-Demo am Samstag in Frankfurt (freundlicherweise Freigegeben zur unveränderten Verwendung, daher auch Kommentarlos und unverändert hier veröffentlicht. Da ich selbst ja auch vor Ort war, kann hier ergänzend meine Dokumentation gefunden werden.)

Name: Axel Köhler-Schnura
Alter: 64 Jahre
Beruf: Ökonom
Engagement: Coordination gegen BAYER-Gefahren, Stiftung ethecon, Kritische AktionärInnen, Gewerkschaft, DKP
Frankfurt, Basler Platz
Samstag 01. Juni 2013

Um10 Uhr noch recht leer, strömen bis ca. 12 Uhr zig Tausende zusammen. Wie man es von der letzten Blockupy-Großdemonstration 2012 her kennt: Bunt, laut, phantasievoll. Kinder, Jugendliche, Grauhaarige.

Von nah und fern. Sprachgewirr aus ganz Europa.

Transparente wie: „S21 – bei Brand effizienter als jedes Krematorium“. Oder: „Gegen Bankenmacht und Profitgier!“ Während verdi- und IG-Metall-Fahnen neben attac, Linkspartei- und anderen Fahnen gut sichtbar waren, habe ich nicht eine einzige Fahne der Grünen gesehen und auch die SPD glänzte durch Abwesentheit.

Die Medien berichteten über Blockupy am Vortag (31.05.2013). Es ging um Aktionen der „Anti-Kapitalisten“, wie das Etikett lautete, das jedem, der gegen Machtmissbrauch und Verbrechen der Banken und Konzerne in Frankfurt protestierte, aufgepappt wurde.

Nachdem die Stadt Frankfurt und das Land Hessen bereits bei den vorjährigen Blockupy-Aktionen wegen ihres rüden Umgangs und ihrer mit den Grundrechten in Widerspruch stehenden Haltung zum Demonstrationsrecht aufgefallen waren, gab es im Vorfeld der diesjährigen Aktionstage ab dem ersten Tag ein zähes Ringen zwischen den VeranstalterInnen von Linkspartei, attac, verdi und anderen und den Behörden:

Das Verwaltungsgericht musste entscheiden. Und hat entschieden: Ja, es darf natürlich auch im Flughafen demonstriert werden. Ja, es darf natürlich eine Großdemonstration am Samstag an der EZB vorbei stattfinden.

Doch das scherte das Innenministerium und die Polizei einen Dreck! Offen und unverhohlen wurden die Urteile missachtet. Die Demonstrationen am Freitag im Flughafen wurden durch Polizeimacht unterbunden, in der Innenstadt gab es bei kleineren Aktionen jede Menge Polizeireporession.

Und dann kam der Samstag. Und mit ihm die zig Tausenden aus ganz Europa und ganz Deutschland, die sich auf dem Basler Platz versammelten und gemeinsam ihrem Unmut – je nach politischer Gesinnung – über Abzockerei, Umverteilung, kapitalistische Ausbeutung, Bankenrettung und Troika-Diktate zum Ausdruck bringen wollten.

Um 12 Uhr herum setzte sich der Zug in Bewegung. Nur 20 Minuten später und lediglich dreihundert Meter weiter, ging nichts mehr. Die Demonstration stand in einer öden Hochhausschlucht.

Was war passiert? Eine Armada von hochgerüsteten und vermummten Polizeikriegern hatte im ersten Teil der Demonstration den Block der Interventionistischen Linken aus dem Nichts heraus brutal überfallen und eingekesselt. Mit FreundInnen stand ich unmittelbar an der Nahtstelle. Vor mir fünf dichtgedrängte Reihen schwarzer Repressionskräfte. Dahinter der Kessel mit vielen hundert DemonstrantInnen und einem Lautsprecherwagen. Links und rechts vielgeschossige Häuserwände, davor schließlich das Ende der Demonstrationswelt in Form einer massiven Wand von furchterregend mit Helm, Schlagstöcken, Chemiesprayern, Pistolen etc. bewaffneten Hundertschaften.

In einer Art Putsch hatten Innenministerium und Polizeiführung mit einem Gewaltakt die Verfassung gebrochen, die nach Recht und Gesetz gefassten Gerichtsurteile zu Klopapier degradiert und das Grundrecht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit unter klobige Polizeikampfstiefel getreten.

Hinter uns knapp zwanzigtausend DemonstrantInnen. Die etwa zweihundert Streitkräfte, die ohne jeden Grund und ohne jede Rechtsgrundlage mit brutaler Gewalt den Kessel von den zig Tausenden der Rest-Demonstration trennen mussten, waren von ihrer Führung wissentlich in allerhöchste Gefahr gebracht worden. Eine unbedachte Reaktion in der durch Polizeigewalt aufgeheizten Stimmung, der kleinste Ärger hätte eine Katastrophe auslösen können.

Auge in Auge standen wir zwei Stunden wandelnden Kampfmaschinen gegenüber, von denen unter Helm, Schutzvisier und Sturmhaube lediglich ein Augenpaar zu sehen war. Ab und zu ein verunsichertes, hin und wieder ein hilfloses. Zumeist jedoch aggressive, hochmütige, brutale Blicke. Aber: Es geschah nichts. Alles blieb zum Zerreißen gespannt, aber friedlich.

Unterhalb der Augen mächtige Kampfmonturen. Die berüchtigt-hochgefährlichen Tonfa-Schlagstöcke und das lebensbedrohlich Chemiegas griffbereit. An den Händen die als Waffe eingestuften Quarzsandhandschuhe. An den Beinen schwere Kampfstiefel. Zusätzlich an Beinen, Armen, Oberkörper zentimeterdicke Hartplastikschienen, mit denen jeder Schlag schwere Verletzungen auslösen kann. Bürgerkriegssoldaten gegen unbedarfte Bevölkerung in T-Shirts und Freizeitkleidung.

Neben mir und hinter mir Jugendliche, aber auch zahllose Grauhaarige, manche deutlich älter als ich. Männer und Frauen. Wir hätten Eltern und auch Großeltern der vor uns stehenden Kampfmaschinen sein können.

Die Demonstration blieb besonnen. Im Kessel verweigerten die Menschen ihre Festnahme (mit Personalienfestellung und erkennungsdienstlicher Behandlung), die Rest-Demonstration verweigerte die Trennung vom Kessel und die Umleitung auf eine andere Demo-Route. Die DemonstrantInnen ließen sich nicht spalten und beharrten auf der genehmigten Route.

Das passte nicht in den Plan der Verfassungsbrecher. Eskalation und vor allem „Straßenschlacht“ waren gewünscht, um das zuvor von ihnen an die Wand gemalte Szenario zu bestätigen; um friedlich demonstrierende Menschen als „anti-kapitalistische Gewalttäter“ diffamieren und verteufeln zu können; um in den Medien die Bevölkerung abzuschrecken, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen.

Doch dann plötzlich. Die friedliche Spannung explodierte. Allerdings nicht durch Hitzköpfe in der Demo, nein durch die Staatsgewalt. Die Kampfgasflaschen wurden gezückt, die Tonfas zum Einsatz gebracht. Wahllos wurde auf Alte und Junge eingedroschen. Ich bekam – glücklicherweise nur gering – Pfefferspray ab. Den weitausholenden Tritt mit dem Kampfstiefel sah ich kommen – allein, in dem Massentumult um mich herum gab es kein Entkommen. Durch die Kleidung hindurch bekam ich einen Stiefelabdruck auf dem Linken Oberschenkel verpasst (12 cm lang, vier cm breit). Auf Nase und Oberkörper wurde ich geschlagen. (Das ärztliche Attest zu allem steht noch aus.)

Meine PartnerInnen und FreundInnen wurden mir gewaltsam und brutal von der Seite gerissen – weg waren sie. Sie berichteten von der gleichen Gewalt, wie ich sie erlebte. Aber auch: Ein junger Polizist brachunter seinem Visier in Tränen aus – er stammelte, „das geht doch nicht, das sind doch alte Menschen“. Ein anderer junger Polizist hat Christiane (meine Frau) gerettet, indem er sie hinter sich riss und so vor dem Chemiegas und den Prügeln seiner geradezu im Gewaltrausch befindlichen KollegInnen – jawohl, jede Menge Frauen waren dabei! -schützte.

Ich drängte mich aus der Kampfgaswolke und der Gewaltorgie in die Grünzone am Straßenrand. Kurz darauf tauchten wie ein Wunder meine FreundInnen auf. Auch sie von Tonfas und Kampfgas verletzt Wir drängten weiter zum Rand, dorthin, wo auch die Verwundeten sich schleppten oder geschleppt wurden. Junge und Alte. Knallrot entzündete Gesichter, verquollene Augen, Hustenkrämpfe mit Schleimauswurf, unkontrollierte spastische Zuckungen, Zittern von Kopf bis Fuß. Meine Humpelei, die Schlagstock-Prellungen meiner FreundInnen und auch unsere nur gering gereizten Augen, erschienen uns als Bagatellen im Vergleich dazu, was sich vor unseren Augen an Schmerz und Leid abspielte.

Auch dort – etwa acht Meter abseits der Straße – hochgerüstete Kampfkräfte, die auf einer Länge von etwa 150 Metern die Demonstration – wie auch auf der anderen Straßenseite – hermetisch abriegelten und niemanden hindurch ließen. Eine gigantische, am Ende noch offene Kesselbedrohung. Wohlgemerkt zusätzlich zum bereits geschlossenen. Dadurch war esden Zigtausenden u.a. nicht möglich, auszutreten, zu den von der Demoleitung bereitgestellten Dixi-Toiletten oder anderswohin, um z.B. Essen und Trinken zu besorgen, wurden sie nicht durchgelassen.

Meine FreundInnen und ich forderten angesichts der vielen Verletzten in der kleinen Grünanlage und der fehlenden medizinischen Versorgung der Reihe nach etwa ein Dutzend der RepressionssoldatInnen auf, ärztliche Hilfe zu rufen. Keinerlei Reaktion. Kollektiv und noch dazu im Amt unterlassene Hilfeleistung! Aber keine Möglichkeit zur Strafanzeige, denn alle trugen ihre Einsdatznummer für uns unsichtbar auf der Rückseite ihrer Monturen. StraftäterInnen mit staatlich geschützter Anonymität.

Überhaupt die Identifikation! Ich habe bei dem Polizisten, der mich vorsätzlich verletzt hat, klar die abfällig und höhnischen blickenden Augen im zentimeterbreiten Sturmhaubenschlitz gesehen, allein die Einsatznummer war auch in diesem Fall für mich uneinsehbar auf seinem Rücken.

Die immer zahlreicher werdenden Verletzten mussten sich selber helfen. In solidarischem Miteinander wurden die Augen mit allen verfügbaren Trinkwasserflaschen gespült. In einem Fall konnte ich beobachten, wie eine junge Polizistin zwei ihrer eigenen Wasserflaschen an die Verletzten weiterreichte. DemonstrantInnen brachten die Opfer weiter nach hinten in sichere aber dennoch links und rechts mit Wasserwerfern und polizeilichen Streitkräften bedrohte Demo-Bereiche, wo sie von ÄrztInnen und Krankenpersonal, die sich unter den DemonstrantInnen befanden und zur Hilfe einfanden, versorgt wurden.

Und dann erneut ein Angriff ohne Vorwarnung. Hinter uns die anhaltende Prügelei der Einsatzkräfte an der Spitze des Demonstrationszuges und auf der anderen Seite der Barriere die Kampfgaswolken in den Kessel hinein. Zu unseren Füßen die Verletzten. Da wurden die Absperrgitter vor uns schlagartig auf etwa fünf Meter geöffnet, und ein frontaler Angriff auf uns, die wir Schutz suchten, geführt. Erneut keinerlei Chance zurückzuweichen oder sonst irgendwohin in Sicherheit zu kommen.

„Ich prügle dir die Birne zu Matsch“ flüsterte der vor mir stehende Robo-Cop klar und deutlich vernehmbar im Adrenalin-Rausch mit gezückter Tonfa. Daneben seine KollegInnen wieder mit den Kampfgas-Geräten im Einsatz. Zu den Verletzten neue Verletzte. Ein weiteres Mal Verantwortungslosigkeit der Polizeiführung gegenüber ihren Untergebenen. Auch hier hätten die brutalen Angriffe der gerade einmal etwa zwei Dutzend in blinde Gewaltattacke geschickten Kräfte gegen Tausende in Mord- und Totschlag enden können.

Doch die Rechnung der Herrschenden ging nicht auf. Von 14 Uhr mittags bis 20 Uhr abends wurde kontinuierlich weiter geprügelt und Unmengen von Kampfgas über die DemonstrantInnen ausgesprayt. Die Flut der Verletzten riss nicht ab. Nichts konnte die Einsatzkräfte stoppen. Nicht die im Kessel befindlichen Bundestagsabgeordnete, nicht die eingekesselten Kinder. Einzeln wurden nacheinander über die vielen Stunden hinweg unter brutaler Gewaltanwendung hunderte von DemonstrantInnen im Kessel festgenommen, der Personalienfestellung und erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen und mit Platzverweisen entlassen. Sie durften nicht mehr an der Demonstration teilnehmen und sich teilweise in ganz Frankfurt nicht mehr aufhalten

Schließlich sogar die gewaltsame Übernahme des im Kessel befindlichen Lautsprecherwagens durch ein Spezialkommando. Offenbar sollte so die Kommunikation mit der Rest-Demonstration – erneut ohne jeden Anlass und ohne jede Rechtsgrundlage – unterbunden werden.

Doch nichts, aber auch nichts!, konnte die Ruhe und Friedlichkeit der Demonstration ins Gegenteil kehren. Tausende harrten bis in die Nacht aus, bis auch der allerletzte aus dem Kessel festgenommen war. Die Blockupy-Demonstration in Frankfurt am 01. Juni 2013 ließ sich nicht spalten. Die von der Staatsgewalt in willkürlicher Repression Festgenommenen wurden zu keiner Zeit alleingelassen. Die den ganzen Tag über andauernden in brutaler Gewalt geführten Angriffe blieben ohne das gewünschte Ergebnis – niemand aus der Demonstration von zig Tausenden tappte in die gestellte Kriminalisierungsfalle.

Offener Verfassungsbruch, unverhohlen offene Degradierung der Justiz durch die Exekutive buchstäblich zu Idioten, bürgerkriegsähnliche Gewalt gegen friedliche Menschen, grundlose Beraubung der Grundrechte: Ein wahrhaft schwarzer Tag in der Geschichte der Bundesrepublik!

Das alles im Schatten der glitzernden Türme der Banken und Konzerne, vor deren Türen sozusagen. Die Herrschenden – auch in Deutschland, denn in der Türkei, in Griechenland, Italien, Spanien, Irland und anderswo zeigen sie es bereits seit langem – haben gezeigt, wozu sie bereits sind: Profit und Kapitalismus, die zusammengeplünderten Vermögen der Ultra-Reichen werden sie mit aller Gewalt – auch unter offenem Verfassungsbruch – schützen. Die auf ihren Rechten und Interessen beharrende Bevölkerung, die für die Verbesserung ihrer Lage eintretenden arbeitenden Menschen werden sie unverhohlen auch mit bürgerkriegsähnlicher Repression bekämpfen.

Dagegen steht die kraftvolle Solidarität der Tausenden in Frankfurt und der Millionen in Europa und der Milliarden in aller Welt. Noch am Nachmittag gingen in mehreren Städten Menschen mit Soli-Demonstrationen mit den Eingekesselten auf die Straße. Herausragend auch die über an Schnüren und Seilen befindlichen Körbe, die von AnwohnerInnen auf beiden Seiten des Kessels von Fenstern herab mit Wasser und Lebensmitteln zu den gefangenen Menschen herabgelassen wurden.

Frankfurt hat in aller Deutlichkeit erneut die Richtigkeit dessen bewiesen, was bereits Thomas Müntzer im 16. Jahrhundert in den Deutschen Bauernkriegen feststellte: „Die Herren machen es selber, dass ihnen der arme Mann feind wird!“

Auch mit allergrößter Gewalt und Repression wird sich der wachsende Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung nicht aus der Welt schaffen lassen. Im Jahr 1990 wurde das „Ende der Geschichte“ verkündet, der Kapitalismus entfesselt und zum Heil der Menschheit erklärt. Seit Beginn der 2000er Jahre erleben wir, wie weltweit sich der Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung entwickelt, wächst und wächst. Wer kann die Demonstrationen der letzten 10 Jahre noch zählen?! Wer kann noch überblicken, wo tagtäglich neu der Widerstand aufflammt?! Die Menschen nehmen nicht hin, dass auf Kosten von Milliarden einige wenige Tausend Ultra-Reiche und deren Konzerne die Welt plündern; dass Not und Elend immer weiter um sich greifen und zugleich die Millionäre zu Milliardären werden und die verbrecherischen Konzerne und Banken mit Billionen am Leben gehalten werden. Die Welt nimmt sehr wohl zur Kenntnis, dass die Bundeskanzlerin Merkel dem verbrecherischen Abzocker Hoeneß in London – erneut unverhohlen – freundlich lächelnd die Hand schüttelte. Sie erkennt die Allianz zwischen Kapital und Politik.

Es gilt der Satz der 70er und 80er: Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!

Ich schreibe und verbreite diese Zeilen, weil die herrschenden Medien die Medien der Herrschenden sind und dort das, was ich als Augenzeuge schmerzlich miterleben musste, falsch falsch oder gar nicht berichtet werden wird. Weil der Lüge die Wahrheit entgegen gestellt werden muss.

Pfefferspray ist ein lebensgefährliches Kampfgas. Friedliche DemonstrantInnen sind keine „Gewaltäter“. Die bei der Demonstration eingesetzte Polizei war eine mit gefährlicher Passiv- und Aktivbewaffnung hochgerüstete Bürgerkriegsarmee. Sie überfiel über Stunden hinweg auf befehl „von oben“ immer wieder ohne jeden Anlass die friedliche Demonstration und mit ihr Zehntausende von gewaltfrei demonstrierenden BürgerInnen. Den DemonstrantInnen wurden ihre nach Verfassung und Gerichtsbeschluss zustehende Demonstration und ihre ebenfalls nach Verfassung und Gerichtsbeschluss zustehende Demonstrationsroute gewaltsam verweigert. Es gab nicht „mehrere Verletzte“, sondern Hunderte von der Polizei verletzte Menschen. Innenministerium und Polizeiführung brachen ohne Skrupel und öffentlich die Verfassung und die Grundrechte. Bezeichnenderweise unmittelbar vor der Europäischen Zentralbank (EZB). Bereits vor Gericht hatten sie versucht, die Demonstrationsroute zur EZB zu unterbinden. Wie sagt die englische Vereinigung des Hosenbandordens? „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“

Mit herzlichen Grüßen

Axel Köhler-Schnura

Zitatende
(Alexander Schäfer auf schaeferweltweit.de )

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  1. Hier mal ein Bericht aus anderer Sicht:
    Link: blu-news.eu/2013/06/02/das-wahre-gesicht-von-blockupy/

    DAS WAHRE GESICHT VON BLOCKUPYblu-TVFrankfurtRegionalTitel — 02 Juni 2013
    blu-TV: Videobericht von Blockupy 2013 – UPDATE: Polizei rechtfertigt Einsatz

    [Kommentar editiert – Ein Vollzitat kann ich aus Gründen des Urheberrechts nicht zulassen. Beachten Sie bitten den Unterschied: Der Artikel oben ist ein „zur Veröffentlichung freigegebener Bericht“, auch der eine Kommentar ist ein „offener Brief“. Sollten sie selbst der Autor des vollzitierten Textes sein können Sie sich gerne persönlich melden dann wäre die Lage eine andere.]

  2. noch mehr Augenzeugenberichte:

    So war es nicht!

    Offener Brief gegen die Ausgrenzung gesellschaftlicher Opposition durch
    Polizei und Teile der Medien

    Wir, politisch und sozial aktive Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet und
    TeilnehmerInnen der Demonstration des Blockupy-Bündnisses am 01.06.2013
    in Frankfurt am Main, sehen uns angesichts der Darstellungen der Polizei
    und ihrer teilweise immer noch unkritischen Verbreitung zu einer
    Stellungnahme veranlasst.

    Wir widersprechen den Klischees, wonach die Polizei durch einige
    „Chaoten“ und „Randalierer“ gezwungen gewesen sei, Maßnahmen zur
    Herstellung von öffentlicher Ordnung, Gesetz und Sicherheit zu
    ergreifen. Auch wenn sich erfreulicherweise einige Tageszeitungen diesem
    Tenor nicht anschließen, entsteht vor allem durch Verlautbarungen der
    Polizei und deren unkritische Verbreitung in Teilen der Öffentlichkeit
    doch wieder dieses Bild. Aber es entspricht nicht den Tatsachen. Wir, die
    VerfasserInnen und UnterzeichnerInnen dieses Briefes, haben an
    unterschiedlichen Orten an der Demonstration teilgenommen und über
    Stunden das Geschehen direkt verfolgt und teilweise dokumentiert.

    Wir halten fest:
    -Der „schwarze“Block war bunt.
    -Die „Vermummung“ bestand vor allem aus Sonnenbrillen und Regenschirmen.
    -Der unmittelbare Vorwand der Einkesselung von über 1000 Personen über
    insgesamt 9 Stunden war das Abbrennen von 3 bengalischen Feuern.
    -Der Vorwurf der „passiven Bewaffnung“ ist aberwitzig und – wie Urteile
    aus Berlin bereits zeigen – unendlich dehnbar. Schon der Ausdruck
    „passive Bewaffnung“ verdreht die Tatsachen: ein Styropor-Schild
    beispielsweise ist ein Schutz, keine Waffe.
    -Im Blockupy-Bündnis bestand erklärtermaßen Konsens, dass von den
    DemonstrantInnen keine Eskalation ausgehen sollte – entsprechend
    verhielten sich die DemonstrantInnen, und zwar sowohl außerhalb wie
    innerhalb des Polizeikessels.
    -Dagegen war das Verhalten vieler PolizistInnen in hohem Maße
    übergriffig und unmittelbar körperverletzend.
    -Polizeitrupps sind mehrfach (wie auch schon am Vortag) in die stehende
    Menschenmenge hineingestürmt und haben DemonstrantInnen überrannt und
    niedergeworfen.
    -Vor unseren Augen ist Menschen ohne Vorwarnung, ohne Beteiligung an
    einer Rangelei o.ä. und ohne, dass eine Gefahrensituation vorgelegen
    hätte, Pfefferspray aus unmittelbarer Nähe direkt ins Gesicht gesprüht
    worden (über die Erblindungsrate der Pfefferspray-Wirkung wird derzeit
    diskutiert).
    -Vor unseren Augen sind wehrlose DemonstrantInnen misshandelt worden,
    indem ihnen bspw. der Kopf nach hinten gezogen und Mund und Nase
    zugehalten worden ist. Einige brachen daraufhin zusammen. Sie sind nur
    Dank der Initiative von TeilnehmerInnen der Demonstration versorgt worden.
    -Vor unseren Augen ist Menschen, die an Armen und Beinen zur
    Personalienfeststellung davon getragen wurden, von den sie tragenden
    Polizisten in die Seite und in den Unterleib getreten worden.
    -Vor unseren Augen wurde Menschen der Hals verdreht und die Arme verrenkt.
    -Vor unseren Augen erhielten Menschen, die sitzenblieben, als sie von
    der Polizei aufgefordert wurden, aufzustehen, ohne Vorwarnung
    Faustschläge mit Protektorenhandschuhen ins Gesicht.
    -Die so vorgehende PolizistInnen waren vermummt und insgesamt gibt es
    weder Namens- noch Nummernkennzeichnungen, so dass weder die Betroffenen
    noch wir als ZeugInnen die Möglichkeit hatten, diejenigen PolizistInnen
    zu identifizieren, die brutale körperliche Gewalt gegen Personen
    offenbar für ihre Dienstaufgabe halten.

    Es geht hier nicht nur um das Recht auf freie Meinungsäußerung und
    Demonstration. Darüber hinaus geht es um das Recht auf körperliche
    Unversehrtheit derjenigen, die sich für gesellschaftliche Veränderungen
    engagieren und demonstrieren. Auf der Demonstration insgesamt, und
    insbesondere unter den betroffenen Eingekesselten und Verletzten, finden
    sich viele junge Menschen, jene also, die bekanntermaßen von den
    aktuellen sozialen Entwicklungen in Europa (Stichwort
    Jugendarbeitslosigkeit) besonders hart getroffen sind. Diese jungen
    Menschen – und mit ihnen viele andere Demonstrierende – auf das Klischee
    der irrationalen Störer zu reduzieren, ist nicht nur konkret
    unangemessen, es ist insgesamt politisch fahrlässig. Es verunglimpft
    Menschen, die sich um die krisenhaften Entwicklungen in unseren
    Gesellschaften in Europa sorgen und die sich deshalb engagieren. Und es
    behindert und diffamiert die dringend notwendige gesellschaftliche
    Debatte über eine Neuausrichtung der europäischen Politik in der
    Perspektive sozialer Partizipation und demokratischer Inklusion.

    Dr. Stefanie Hürtgen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für
    Sozialforschung Frankfurt am Main, Lehrbeauftragte und Dozentin.
    Dr. Isolde Ludwig, Mitarbeiterin des DGB-Bildungswerks Hessen.
    Dr. Thomas Sablowski, Mitarbeiter des Instituts für Gesellschaftsanalyse
    der Rosa Luxemburg Stiftung.
    Dr. Nadja Rakowitz, Geschäftsführerin des Vereins demokratischer
    Ärztinnen und Ärzte.
    Kirsten Huckenbeck, Redakteurin und Lektorin, Lehrbeauftragte an der
    Fachhochschule Frankfurt am Main, Bildungsreferentin.
    Dr. Margit Rodrian Pfennig, Universität Frankfurt am Main.
    Michael Hintz, Buchhändler und Lehrbeauftragter an der Europäischen
    Akademie der Arbeit und der Fachhochschule Frankfurt am Main.
    Michael Burbach, Frankfurt.
    Kristina Weggenmann, Diplompädagogin
    Dr. Bernhard Winter, Mitglied des Vorstands des Vereins demokratischer
    Ärztinnen und Ärzte.
    Ralf Kliche, Lehrer an der Schule für Erwachsene Dreieich.
    Dr. Jürgen Behre, Maintal.
    Martin Dörrlamm, Sozialarbeiter Frankfurt am Main.
    Edgar Weick, Frankfurt am Main.
    Hagen Kopp, Aktivist der Gruppe „kein mensch ist illegal“, Hanau.
    Katharina Vester, Frankfurt am Main

    —————————————–

    Auch dieses Jahr kein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in der Stadt
    Frankfurt

    http://www.grundrechtekomitee.de/node/581

    Letztes Jahr hatte die Stadt Frankfurt alle Versammlungen über mehrere
    Tage verboten. Dieses Jahr mochten auch die Gerichte die haarsträubenden
    Verbote für die Demonstration am Flughafen und die den gewählten Weg
    verbietenden Auflagen für die Großdemonstration nicht mehr mitmachen.
    Vielen weiteren Auflagen, die das Grundrecht einschränkten, folgten sie
    dennoch.

    Nach den stundenlangen Behinderungen der Demonstrierenden – aber auch der
    Flughafenbesucher – durften letztlich tatsächlich nur 200 Demonstrierende
    in den Flughafen. Nach den Erfahrungen am Samstag bei der
    Großdemonstration muss man sagen: Immerhin!

    Nachdem die Demonstration am Samstag ab 12.15 Uhr nur eine halben Stunde
    ihren Weg gehen konnte, stürmte die Polizei in den Anfang der
    Demonstration und blockierte diese bis spät in die Nacht. Keine ihrer
    Vorwürfe – vermummte Teilnehmer, passive Bewaffnung einzelner Teilnehmer –
    rechtfertigen auch nur annähernd ein solches Verhalten. Das Vorgehen der
    Polizei wirkte inszeniert. Kurz vor der Stelle, an der der Weg, den das
    Gericht genehmigt hatte, anders verlief als der von der Stadt gewollten,
    wurde der Demozug gestoppt und jedes Weitergehen verhindert. Große
    Polizeieinheiten standen an diesem Ort bereit, an dem dann zwei
    Feuerwerkskörper flogen.

    Die Demonstrierenden verhielten sich friedlich. Auch noch kurz vor der
    Räumung am späten Nachmittag ließen sie sich von den aggressiv
    vorrückenden Einheiten nicht provozieren. Die Polizei allerdings räumte
    mit äußerster Brutalität und Schmerzgriffen, die die körperliche
    Unversehrtheit verletzten.

    Gegen Demonstrationsteilnehmer jenseits des Kessels wurde immer wieder die
    lebensgefährliche Waffe Pfefferspray eingesetzt.

    Selbst den Demonstrationszug derer, die die ganze Zeit ausgeharrt hatten
    und der sich um 22.30 Uhr in Richtung Bahnhof aufmachte – ein noch immer
    beeindruckend großer und vor allem noch immer friedlicher Zug – bedrängte
    die Polizei noch und filmte die Teilnehmenden.

    Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat seit Donnerstag die
    Aktionen und Proteste der Gruppen um Blockupy mit circa 20 Demobeobachtern
    und -beobachterinnen begleitet. Wir sind entsetzt, in welch
    unvorstellbarer Weise Grundrechte ausgehebelt und Gerichtsurteile mit
    Füßen getreten wurden. Der Staat hat sich gegenüber den KritikerInnen des
    europäischen Krisenregimes noch undemokratisch präsentiert, als diese es
    in ihren Sprüchen und Kritiken behaupten.

    Die vielfältigen Gruppen, die sich an Blockupy beteiligt haben, haben
    dagegen Freitag ihre fundierte Kritik phantasievoll, laut und zum
    Nachdenken anregend in die Stadt getragen. Ihnen gilt unsere Solidarität.

    Wir werden in den nächsten Tagen und Wochen unsere Beobachtungen weiter
    zusammentragen und – diese kommentierend – ausführlich berichten.

    gez. Elke Steven

    Elke Steven
    Komitee für Grundrechte und Demokratie
    Aquinostr. 7 – 11; 50670 Köln
    Telefon: 0221 – 97269 -30; Fax -31
    http://www.grundrechtekomitee.de
    info@grundrechtekomitee.de
    ElkeSteven@grundrechtekomitee.de

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